Schneekatastrophe 2006 im Mariazeller Land

Dieser Beitrag ist älter als ein Jahr, die Informationen sind möglicherweise nicht mehr aktuell!

Der Februar 2006 ist der Bevölkerung des Mariazeller Landes sicher noch immer gut in Erinnerung. Vor genau zehn Jahren erlebte die Region nicht nur eine der schlimmsten Zeiten der Geschichte, sondern auch eine unheimlich starke Welle der Hilfsbereitschaft.

Nachdem Ende Jänner 2006 das Dach des Mariazeller Rathauses unter einer enormen Schneelast in sich zusammengebrochen war, zeichnete sich wenige Tage danach erneut eine dramatische Situation ab. Tagelange, äußerst ergiebige Schneefälle sorgten für große und schwere Schneemengen in der gesamten Region.

In der Nacht von 9. auf 10. Februar 2006 war im Mariazeller Land dann allerdings dermaßen viel Schnee gefallen, dass die Situation in den Gemeinden katastrophal wurde, schilderte damals der Bezirkshauptmann von Bruck, Reinhard Leichtfried. Es drohten sehr viele Hausdächer einzustürzen und das Auslangen mit den örtlichen Einsatzkräften war einfach nicht mehr gegeben. Daher musste Bezirksalarm geben werden.

Schneekatastrophe 2006 im Mariazeller Land

Die Einsatzkräfte waren die ganze Nacht über auf den Beinen, um die Dächer von der tonnenschweren Last zu befreien – einige Dächer konnten in letzter Minute vor dem Einsturz gerettet werden, so Leichtfried. Nach der Volksschule Gußwerk, die bereits in der Nacht auf Donnerstag evakuiert werden musste, wurde auch ein Einfamilienhaus wegen akuter Einsturzgefahr geräumt, verletzt wurde zum Glück niemand.

Seit den Morgenstunden des 10. Februar waren etwa 50 Einsatzkräfte im Raum Mariazell mit dem Abschaufeln von Hausdächern beschäftigt, dazu wurden 40 Mann des österreichischen Bundesheeres angefordert. Zusätzlich rückten außerdem 150 Mann der Feuerwehren aus dem gesamten Bezirk zum Hilfseinsatz an.

Die zuständige Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur hatte wegen der enormen Neuschneemengen im Einvernehmen mit der Landesregierung eine entsprechende Erklärung ausgegeben, bestätigten Bezirkshauptmann Bernhard Preiner und der Leiter des Katastrophenschutzreferates, Kurt Kalcher.

Kräfte der Feuerwehren und des Bundesheeres unterstützen das Personal der Gemeinden und der Straßenmeistereien, eine aus Kapfenberg beorderte Feldküche des Roten Kreuzes übernahm vorerst die Versorgung der Helfer. Wie Katastrophenschutzreferent Kalcher sagte, habe die Feststellung der Katastrophe den Sinn der rechtlichen Absicherung: Die Bürgermeister wurden ermächtigt, direkte Anordnungen zu treffen, die Verrechnung von Einsatzmaßnahmen war somit klar geregelt.

Am Samstag, 11. Februar 2006 fielen weiterhin Unmengen der weißen Pracht vom Himmel, am Sonntag, 12. Februar stabilisierte sich die Wetterlage und die Sonne kam zögerlich zum Vorschein. Unermüdlich wurden über das gesamte Wochenende weiterhin Dächer von den Schneemassen befreit.

Am Montag, 13. Februar 2006 begann dann der Wettlauf mit der Zeit – Tauwetter war vorhergesagt. Die Mariazeller sowie die rund 1.800 Hilfskräfte (511 Soldaten des Bundesheeres, 1.009 Feuerwehrleute, 121 Angehörige des Roten Kreuzes für die Versorgung der Einsatzkräfte, 57 Mann der Bergrettung für die Sicherung der Personen auf den Dächern sowie viele zivile Helfer) hatten nur noch wenige Stunden Zeit, um der Schneemassen auf den Dächern Herr zu werden. Bis Montag Mittag waren zwar bereits rund 700 Gebäude von der Schneelast befreit worden, unzählige Arbeitsaufträge warteten aber noch immer auf die Abarbeitung.

Schneekatastrophe 2006 im Mariazeller Land

Den Bewohnern des Mariazeller Landes standen dabei neben den vielen Helfern auch rund 180 Fahrzeuge der verschiedensten Einsatzorganisationen und privater Firmen zur Verfügung. Für die Einsatzfahrzeuge stand ein eigener Tankwagen zur Treibstoffversorgung bereit. Feuerwehrmänner aus der ganzen Steiermark, Bundesheersoldaten, Bergretter und Mitglieder anderer Einsatzorganisationen schaufelten gegen die Zeit, Tauwetter verschärfte die Situation. Die zu erwartende Schneeschmelze ab Wochenmitte ließ auch Hochwasser befürchten.

Schön langsam stellte sich allerdings noch viel mehr die Frage, wohin mit dem ganzen Schnee? Da die weiße Pracht durch Plusgrade und Regen immer schwerer wurde, sollten sämtliche Dächer schnellstens geräumt werden. Man ging dabei nach einer Prioritätenliste vor, die in die Kategorien A bis C eingeteilt waren. Kategorie A galt als akut gefährdet. Mit den Objekten der Kategorie A würde man bis Donnerstag – da sollte es zu regnen beginnen – sicher fertig. Für die anderen Kategorien wollte man noch keine Prognosen abgeben, da es innerhalb der Kategorien immer wieder zu Umstufungen komme.

Des einen Leid, des anderen Freud: Da die Räumlichkeiten für die zahlreichen Helfer benötigt wurden, hatten die Schüler der Hauptschule Mariazell bis einschließlich Donnerstag schulfrei. Ebenso ein Ausnahmezustand wie die Tatsache, dass der Ortskern nun schon seit Freitag für den gesamten Individualverkehr gesperrt war. Dennoch gab es immer wieder unbelehrbare Autofahrer, die alle Verbote ignorierten, in den Ortskern fuhren, keinen Parkplatz fanden, dann ihr Fahrzeug einfach irgendwo abstellten und somit die Einsatzkräfte teilweise massivst behinderten.

Auch Fußgänger waren teilweise von diesen Straßensperren betroffen – durch die herabfallenden Dachlawinen war ein passieren von Straßenabschnitten, in denen gerade die Dächer geräumt wurden, zu riskant. Aber auch hier sorgten die Einsatzkräfte für die korrekte Absicherung der gefährdeten Bereiche.

Am Mittwoch Abend konnte dann vorsichtig Entwarnung gegeben werden. Die Schneefälle hatten nachgelassen, rund 900 Dächer waren inzwischen von der Schneelast befreit worden.

Schneekatastrophe 2006 im Mariazeller Land

Aus vielen steirischen Bezirken waren Hilfskräfte ins Mariazeller Land gekommen. Am Sonntag waren 60 Mann der Feuerwehren Ligist, Mooskirchen, Steinberg, Krottendorf, Gaisfeld, Köppling, Hallersdorf und Söding nach Mariazell gefahren, um bei der Schneeäumung zu helfen. Sicherungsmaterial sowie Schneeketten und Schneeschaufeln mussten eigens dafür erst organisiert werden.

20 Dächer schaufelten die Hartberger Feuerwehrmänner frei – darunter auch das Dach der Basilika Mariazell. Die Weizer Feuerwehr war mit 200 Leuten und 30 Fahrzeugen im 18-Stunden-Dauereinsatz. Feldbach schickte 224 Mann und 36 Fahrzeuge in die Region, Fürstenfeld 122 Mann. Die Einsatzkräfte aus Deutschlandsberg, Leibnitz und Radkersburg waren mit 400 Mann und über 60 Fahrzeugen anwesend, aus Knittelfeld kamen 87 Feuerwehrmänner zum Katastropheneinsatz. All denen sei an dieser Stelle auch jetzt – zehn Jahre später – nocheinmal unser herzlichster Dank ausgesprochen!

Das Rote Kreuz versorgte die Hilfskräfte vor Ort, in der Nacht auf Montag wurde dafür eine dritte Rotkreuz-Feldküche aus Feldbach nach Mariazell verlegt.

Im Rahmen einer Festveranstaltung mit dem Titel „Tag des Dankes“ wurde den zahlreichen Helferinnen und Helfern im Juli 2006 Dank und Anerkennung für die vielen freiwillig geleisteten Arbeitsstunden ausgesprochen. Der Einladung zu diesem Fest folgten damals rund 1.200 Personen. Nach einem Dankgottesdienst in der Mariazeller Basilika mit dem Mariazeller Stadtpfarrer Pater Michael Staberl, der als Feuerwehrmann während des Katastropheneinsatzes selbst in der Koordination im Einsatz war, fand in einem Festzelt am Parkdeck ein Frühschoppen und ein Festakt statt, bei dem auch Landtagspräsident Siegfried Schrittwieser, ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer, der Leiter des Landes-Katastrophenreferats Kurt Kalcher und Bezirkshauptmann Bernhard Preiner teilnahmen.

Dankenswerterweise wurde uns damals von der Freiwilligen Feuerwehr Mariazell, Foto Kuss, Fritz Zimmerl und einigen Privatpersonen eine Menge Bildmaterial zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Einen Auszug dieser Fotos finden Sie in einer nachfolgenden Bildergalerie.

 

Bericht: Mariazell Online

Fotos: FF Mariazell, FF Stattegg, Foto Kuss, Fritz Zimmerl, Markus Fuchs, Mariazell Online

 

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .