Europeum wird zur Backstube

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Wie die Kleine Zeitung berichtet kauft Lebkuchen-Pirker das defizitäre Kongresszentrum und baut es zu einer Schaubackstube um. Für das Land endet ein blamables Abenteuer.

Einen hoffnungsvollen Neubeginn bringt das neue Jahr dem gescheiterten Kongresszentrum „Europeum“ in Mariazell: Der nachhaltig defizitäre Betrieb wird geschlossen, verkauft und zu einer Lebkuchen-Schaubackstube umgestaltet. Damit setzt das Land Steiermark endgültig einen Schlussstrich unter ein peinliches Kapitel dilettantischer Regionalförderung.

Als Käufer tritt die bekannte Lebzelterei Pirker auf, die ohnedies seit Längerem unter Raumnot leidet und sogar Pläne für eine Abwanderung aus Mariazell wälzte. „Diese Pläne sind endgültig vom Tisch“, sagt Geschäftsführer Georg Rippel-Pirker hörbar erleichtert. Denn der Familienbetrieb, in dem hochwertige Spezialitäten ausschließlich händisch gefertigt werden, fühlt sich dem Ort verbunden. Rund 50 Arbeitsplätze bleiben erhalten, mittelfristig sollen weitere Jobs geschaffen werden. „Wir haben nämlich noch viele Ideen, hatten aber bisher zu wenig Platz für die Umsetzung“, sagt Rippel-Pirker. Seine Kunden finden sich nicht nur in Österreich, Deutschland und Ungarn, sondern auch im arabischen Raum, wo man außerhalb der Adventzeit gewissermaßen einen Ausgleichsmarkt für die süßen Honigspezialitäten gefunden hat.

Der bisherige „Europeum-Saal“, der für bis zu 600 Gäste konzipiert war, soll künftig als Betriebsstätte dienen und gleichzeitig Touristen anlocken, da eine Schauproduktion geplant ist. Auch ein kleiner Zubau dürfte realisiert werden. Für die Bevölkerung erhalten bleiben der denkmalgeschützte „Scherfler-Saal“ (für Hochzeiten, Bälle, Ehrungen) sowie der öffentliche Wellnessbereich mit Pool. Diese Betriebsteile werden die Stadtwerke Mariazell übernehmen und führen.

Das Europeum, das vier örtlichen Gemeinden gehörte, musste Ende 2009 vom Land aufgefangen werden. Ursprünglich als „Mariazeller Akademie“ konzipiert, war es seit den Anfängen 2005 eine teure Fehlplanung gewesen. Für ein Kongresszentrum fehlte die Hotel-Infrastruktur. Die Konzepte eines hoch bezahlten Planers aus Graz erwiesen sich als Fantasieprodukt, Klagen sind anhängig.

15 Millionen Euro verjuxt
Der jährliche Abgang hätte bis auf Weiteres mindestens 750.000 Euro betragen, nach bald nötigen Reparaturen sogar deutlich mehr. Unter der Verhandlungsführung von Aufsichtsratschef Friedrich Möstl gelang es nun, diese Last relativ günstig loszuwerden. Nach seriösen Schätzungen hat das Projekt den Steuerzahler etwa 15 Millionen Euro gekostet.

 

Die Übernahme des Mariazeller Europeums durch die Lebzelterei Pirker freut auch Bürgermeister Josef Kuss sehr. Damit sind zwei Probleme gelöst.

Bürgermeister Josef Kuss hat das auch erst  vor drei Tagen davon erfahren, und es sind für ihn noch einige Fragen offen. Aber eines ist für ihn klar: „Das ist für Mariazell in zweifacher Hinsicht ein Glück. Erstens bleibt uns ein wichtiger Leitbetrieb erhalten und wandert nicht nach Niederösterreich ab, und zweitens haben wir die Hypothek Europeum damit los.“

Weil in Niederösterreich bessere Förderungen in Aussicht gestellt wurden als in der Steiermark, überlegte die Familie Rippel-Pirker, die Produktion ins zweieinhalb Kilometer entfernte Mitterbach abzusiedeln. Damit wären für Mariazell an die 100 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Das ist nun vom Tisch, Pirker verlagert die Produktion nur um etwa 50 Meter, und zwar ins Europeum. „Pirker ist ein Player, der weiß, was er tut“, freut sich der politische Quereinsteiger Kuss, der die Hypothek Europeum geerbt hat.

Aber nicht nur das freut ihn: Kuss hatte auch wenig Hoffnung, dass das Europeum noch zu einem funktionierenden Kongresszentrum geworden wäre: „Da gab es nicht nur Planungsfehler, das war auch ein betriebswirtschaftliches Desaster.“

Aufatmen können auch die anderen Mariazellerland-Gemeinden, denn das Land hält am Europeum 75 Prozent, 12,5 Prozent hält die Stadt Mariazell und die restlichen 12,5 Prozent teilen sich die Gemeinden St. Sebastian, Gußwerk und Halltal.

Aber auch wenn das Land Steiermark mit 15 Millionen Euro viel Geld opfern musste, appelliert Kuss an die Zentralstellen in Graz: „Die Hilfe des Landes wird weiterhin nötig sein, damit unsere Region lebensfähig bleibt.“

 

Bericht und Fotos:

Kleine Zeitung

 

 

3 Antworten

  1. Juergen Rabl sagt:

    Als gebürtiger Mariazeller finde ich es natürlich gut das der Millionenschwere Bunker den wir ohnehin nie gebraucht haben endlich einer sinnvollen Verwendung zugeführt wird. Vor allem für die arbeitsplatztechnische Situation in Mariazell ist es sicher ein Gewinn das sich die Familie Pirker zum Kauf entschlossen hat.
    Schade finde ich nur das es nun wieder keinen Festsaal in Mariazell gibt. Vor allem war der Europeumsaal eine akkustische Meisterleistung. Für zukünftige Veranstaltungen wird es notwendig sein eine äquivalente Alternative zu schaffen. Ich denke z.B. an unser Osterwunschkonzert der Stadtkapelle. 500-600 Leute müssen erst untergebracht werden. Auch akkustisch sollte es natürlich passen um diversen Veranstaltungen nicht die Attraktivität zu nehmen. Der Bau eines Mehrzwecksaales der für alle Arten von Veranstaltungen genutzt werden kann ist sicher ein Muß für die Zukunft. Damit meine ich wirklich die Errichtung eines reinen Saales ohne Schnick Schnack rund herum ála Europeum.
    Es wird Zeit das Denken weg vom Kongresstourismus zu lenken. Dafür hat Mariazell nicht die nötige Infrastruktur. Vielmehr wäre es an der Zeit die Gegend noch intensiver als Sport-, Wander- und Erholungsgebiet zu vermarkten. Gerade in Sachen Sport würde sich sicher einiges machen lassen.

    Noch ist es nämlich nicht zu spät!

  2. Pail Alfred sagt:

    Endlich ist dieses Kapitel politischen Dilettantismus abgeschlossen. Kreative Unternehmer werden es besser machen.
    Der Staat ist eben kein Unternehmer,

  3. Werner Kainz sagt:

    Finde ich für eine sehr gute Idee. Es wäre schön, wenn man die Brücke und die Aussicht Terrasse stehen lassen könnte,bzw.mit einem Wintergarten und Cafe verbinden könnte.
    Habe es vom Anfang an gewusst, dass das ganze eine Fehlplanung ist, und das so etwas nicht in diese Region passen kann.
    Aber hauptsache man kann es weiter verwenden….für den Tourismus.

    Liebe Grüße, Werner

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