Pistenbully-Tour am Annaberg

Dieser Beitrag ist älter als ein Jahr, die Informationen sind möglicherweise nicht mehr aktuell!

Als Copilot kann man am Annaberg live dabei sein, wenn die Helden der Nacht die Skipisten Annabergs präparieren!

Die Sonne geht unter, die letzten Schifahrer montieren gerade ihre Brettl auf die Autodächer und der Parkplatz vor den Annaberger Liften leert sich. Langsam öffnet sich das große Tor an der Rückseite der Liftkassa und zum Vorschein kommt ein riesiges Ungetüm mit einem mächtigen schwarzen Räumschild, der Motor brabbelt im Leerlauf vor sich hin und aus der Garage tritt Norbert, einer der „Helden der Nacht“, die in den nächsten Stunden dafür sorgen werden, dass die Schifahrer am Annaberg morgen früh wieder perfekte Pisten vorfinden. Und ich darf ihm dabei heute über die Schulter schauen. Annaberg Backstage, sozusagen.

Pistenbully-Tour am Annaberg

Nach einer kurzen Begrüßung kann es auch schon losgehen. Der Beifahrersitz ist bequem und gibt ausreichend Halt – und den braucht man auch, denn es wird steil. Und schräg. Souverän steuert Norbert den Pistenbully 600W Polar aus der Garage und macht sich an die Arbeit. Die nächsten Stunden werden wir gemeinsam in der Fahrerkabine der Windenmaschine verbringen – zwischenzeitliches Aussteigen nicht möglich. So steht es in der Beschreibung.

„Die erste halbe Stunde wird eher gemütlich – wir machen zuerst die flacheren Pisten. Die Winde kommt erst nach 17:00 Uhr zum Einsatz, wenn die Pisten gesperrt und somit ganz sicher leer sind, um niemanden zu gefährden“ sagt Norbert, der nebenbei auch noch bei der Bergrettung arbeitet und im Sommer LKW fährt. Spätestens nach 20 Minuten wird klar, dass sich meine Vorstellung von „flach“ doch deutlich von dem unterscheidet, was ein Pistenbully-Fahrer unter „flach“ versteht. Allein das Drehmoment aus der mehr als 400 PS starken Maschine reicht aus, um mich auch bei geringer Geschwindigkeit in den Sitz zu drücken, die Neigung des Hanges trägt zusätzlich noch einiges dazu bei.

Der kleine Monitor auf der Mittelkonsole liefert alle Informationen bis ins kleinste Detail. So zeigt der Bildschirm an, wieviel Schnee sich zwischen der Pistenraupe und dem Erdboden befindet. Und zwar auf sieben Zentimeter genau. Und man erkennt auch die bisher bereits zurückgelegte Fahrtstrecke, damit auch bei schlechter Sicht kein einziger Quadtratmeter der Piste übersehen wird und unpräpariert bleibt. Dazu die Anzeige mit Steigung und Gefälle sowie seitliche Neigung. Momentan sind es 21 Grad (das entspricht rund 38%) Steigung. Das versteht ein Bullyfahrer also unter „flach“.

Pistenbully-Tour am Annaberg

Langsam setzt die Dämmerung ein und wir nähern uns der ersten Ankerstelle. Norbert klettert aus der Kabine und befestigt den Haken der Winde an einem massiven Eisengestell am Pistenrand. Jetzt wird es also ernst. Eine Drehung nach rechts, vor uns verschwindet der Boden, ein Gefühl wie auf einer Klippe am Meer. Nach wenigen Metern Vortrieb neigt sich der Bully nach vorne und vor der großen Frontscheibe taucht die Piste plötzlich wieder auf. 28° (oder umgerechnet 53%) Gefälle – mit einem Auto möchte ich da nicht hinunter, auch nicht mit Sicherungsseil.

In breiten Bahnen geht es mehrmals runter und wieder hinauf, die Schneedecke unter uns ist zwischen 80 und 200 cm dick, sagt das GPS. Und trotzdem, ganz oben wäre ein wenig Reserve nicht schlecht. „Immerhin haben wir jetzt sieben Tage Semesterferien. Da sollten wir auf Nummer sicher gehen und ein wenig draufschneien“, meint Norbert. Er steuert das Schneeschild präzise in den Hang, planiert eine ebene Stellfläche und greift zum Funkgerät. „Ich mach dir ein Platzerl für eine Susi“ sagt er seinem Kollegen durch. Dieser kommt uns schon von oben entgegen, vorne hat er eine Transportplattform angebaut, darauf steht eine grasgrüne Schneekanone. Die wird nun Norberts Kollege in Stellung bringen – wir machen uns inzwischen auf den Weg zum nächsten Hang.

„Jetzt kommt unser steilstes Stück“ sagt er, und bleibt erneut stehen. Wieder hängt er den Haken der Seilwinde an einer massiven Stahlstütze ein und steuert das tonnenschwere Gerät an den Abgrund. Bei der Talfahrt stemme ich mich jetzt mit den Füßen gegen die Schwerkraft, denn Sitzen kann man das nicht mehr wirklich nennen. Nach einem halben Kilometer Talfahrt ist rund 500 Meter Seil abgespult und über die Piste gespannt, jetzt dreht Norbert um. Bergauf liegt man jetzt beinahe im Schalensitz, trotzdem kommt keine Sekunde Unsicherheit oder Angst auf – Norbert weiß ganz genau was er macht und was sein Gerät kann.

Pistenbully-Tour am Annaberg

Inzwischen ist es stockdunkel, doch die mächtigen Scheinwerfer leuchten uns den Weg. Norbert kennt den Berg wie seine Westentasche – ich hingegen habe längst jegliche Orientierung verloren. Im Tal sind zwar die Laternen der Straßenzüge zu erkennen und das hell erleuchtete Gebäude dürfte wohl das Jufa bei der Talstation sein. Trotzdem möchte ich jetzt nicht hier ausgesetzt werden und zu Fuß zurück gehen müssen.

Nach etwa drei Stunden sind die steilen Hänge fertig präpariert und wir fahren wieder ins Tal. „Heute war es angenehm, wir haben hervorragende Bedingungen und ideale Temperaturen, da geht es relativ schnell“, meint Norbert, der als „echter Annaberger“ seinen Job auch als eine Art „Berufung“ sieht. „Und manchmal dauert es viel länger, bis die Piste wirklich fertig ist. In anderen Skigebieten gibt es Zeitvorgaben für den Pistendienst, denn jede Stunde kostet Geld, aber so könnte ich nicht arbeiten. Aufhören und Heimgehen ohne wirklich fertig zu sein, ohne für den Schifahrer und Gast mein Bestes gegeben zu haben, das kann ich mir nicht vorstellen.“

Pistenbully-Tour am Annaberg

Jetzt gilt es noch, die wirklich flachen Teile im Tal für den nächsten Tag vorzubereiten. Norberts Kollege arbeitet noch immer oben an der Schneekanone, die Lichter seines Pistengeräts sind deutlich dort oben erkennbar. Wir hingegen ziehen inzwischen in der Mulde vor der Sessellift-Talstation unsere Kreise. „Ich fahre jetzt noch ungefähr eine Stunde hier herunten umher, aber ab jetzt kommt eigentlich nichts Spannendes mehr“ sagt Norbert.

Pistenbully-Tour am Annaberg

Er bringt mich zum Parkplatz, wo ich nach dreieinhalb Stunden als Bully-Copilot wieder ins Auto steige und selbst mein Lenkrad übernehme. Und während ich längst gemütlich zuhause sitze, kümmert sich Norbert noch um die Pisten im Anna-Land. Damit auch die kleinsten Schifahrer am Annaberg morgen wieder perfekte Bedingungen vorfinden.

Informationen zur Pistenbully-Tour unter: https://www.annaberg.info/pistenbully-tour

Bericht und Fotos: Mariazell Online

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .