Romawallfahrt in Mariazell: Unterwegssein mit Gott als Lebensziel

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Roma und Sinti sind ein wichtiger Teil der Kirche und bringen durch ihr Unterwegs-Sein Gott als Lebensziel zum Ausdruck: Das hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am Sonntag, 9. August 2015 in Mariazell bei der internationalen Romawallfahrt erklärt. Über hundert Gläubige kamen zur 20. Pilgerfahrt seit der Wiedereinführung der langen Tradition in den steirischen Marienwallfahrtsort und nahmen teil an einem Gottesdienst, in dessen Rahmen auch eine Jugendliche gefirmt wurde. Mit Krautwaschl konzelebrierten die Roma-Seelsorger Helmut Schüller und Fabian Mmagu sowie der Mariazeller Superior P. Karl Schauer vor dem Gnadenaltar.

Romawallfahrt in Mariazell

Jedes Unterwegssein braucht ein Ziel, sonst wird der Weg zu einem Irrweg, erklärte Krautwaschl in seiner Predigt. Dieses Ziel, welches für Christen letztendlich das Leben bei und mit Gott sei, müsse stets bereits auch den Weg dorthin prägen. Konsequent gedacht, sei daher auch jede gegenwärtige Begegnung eine „Vorwegnahme und Realisierung des Ewigen“. Auch die Sakramente der Kirche seien sichtbare Zeichen, mit dem das für das Ende Vorausgesagte schon im Hier und Heute erfahrbar werde.

Christen seien dazu verpflichtet, ihrem Ziel auch im jeweiligen Lebensstil zu entsprechen, forderte der Bischof. Sie sollten daher „gütig zueinander, barmherzig und vergebungsbereit sein und einander lieben“.

Im Rahmen des Gottesdienstes wurde auch der Auflösung des KZ Auschwitz-Birkenau gedacht, wo zahlreiche Roma und Sinti im „Zigeuner-Familienlager B II e“ bis zum 3. August 1944 festgehalten und die bis dahin Überlebenden in den Gaskammern ermordet worden waren. Zum Ausdruck kam zudem die Sorge um die Zukunft der Volksgruppe in Europa: In zahlreichen Ländern würden die gesellschaftliche Kluft sowie rassistische und nationalistische Tendenzen erneut wachsen, hieß es in einer der Fürbitten.

Votivgaben und Romani-Lieder

An der jährlich am zweiten Augustsonntag stattfindenden Wallfahrt, die vom Referat für ethnische Gruppen in der Diözese Eisenstadt und dem Verein „Romano Centro“ in Wien organisiert wurde, nahmen auch dieses Jahr außer österreichischen Roma und Sinti ebenso slowakische, ungarische, deutsche und rumänische Gruppen teil. Lieder und Gebete in den unterschiedlichen Romani-Varianten prägten das Geschehen innerhalb und außerhalb der steirischen Wallfahrtsbasilika, zudem überbrachten die Gläubigen Votivgaben. Für Nachmittag stand ein Kulturprogramm auf dem Vorplatz der Basilika sowie ein abschließendes Gebet bei der Marienstatue an der Nordseite der Kirche auf dem Programm.

Zentrale Symbole der Roma-Wallfahrt sind neben einer großen Kerze und einem geschmiedeten Kreuz die sogenannten „Zigeunerrössl“. Dabei handelt es sich um von Hand geformte Pferdestatuen aus rotem Wachs, die an Personen mit besonderen Verdiensten um die Wallfahrt überreicht werden – als Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung. Die Tradition beruht auf der Legende, dass fahrende Roma zu früheren Zeiten eine Pferdeskulptur als Votivgabe zurückließen, wenn ihre Wägen heil in Mariazell angekommen waren.

Wichtigstes Gemeinschaftsereignis

Die Mariazeller Wallfahrt ist das wichtigste Gemeinschaftsereignis der Roma und Sinti in mitteleuropäischen Ländern und geht auf eine jahrhundertealte Tradition zurück, zumal die katholischen Vertreter der Volksgruppe einen besonders engen Bezug zur heiligen Maria aufweisen. Bis 1938, vor der Verfolgung und fast vollständigen Auslöschung der Volksgruppe während der NS-Zeit, war die Wallfahrt ein fester Bestandteil des Wallfahrtsgeschehens in Mariazell. Danach vergingen beinahe 60 Jahre, bis wieder Roma und Sinti zur „Magna Mater Austriae“ pilgerten. Seit 1996 – drei Jahre nach der Anerkennung als Volksgruppe – wird sie wieder jährlich abgehalten.
 

Bericht: Kathpress

Foto: Mariazell Online

 

 

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