„Wir glauben ans Mariazeller Land“

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Das Europeum wird zur Backstube. Ab Sommer 2013 soll der erste Lebkuchen produziert werden.

Das Familienunternehmen Pirker befreit das Land und die Mariazellerland-Gemeinden vom Millionen-Grab „Europeum“. Aus einem Kongresszentrum wird eine Lebkuchen- Manufaktur. Im Gespräch mit der WOCHE erklärt Pirker-Geschäftsführer Georg Rippel die Beweggründe dazu.

 

„Sind Sie wahnsinnig? Wie oft haben Sie diesen Satz in den vergangenen Wochen gehört?“
Georg Rippel: Wirklich kein einziges Mal, was mich selber auch verwundert hat. Ich habe gespürt, dass das Projekt bei den Mariazellern sehr wohlwollend aufgenommen worden ist.

 

 

Wie sind Sie überhaupt auf die auf den ersten Blick absurd anmutende Idee gekommen, das Europeum als Standort für eine Unternehmenserweiterung auszuwählen?
Zwei Basisüberlegungen waren ausschlaggebend: Keine industrielle Fertigung. Wir fertigen auch weiterhin rein händisch. Trotz Erweiterung der Produktionsflächen wird sich der Fokus noch stärker auf die händische Produktion richten. Und genau das erlaubt es uns, auf einen individuellen Standort auszuweichen. Die zweite Überlegung: Das Europeum ist mit seiner Architektur etwas Besonderes, etwas Einzigartiges. Genauso wie unser Lebkuchen besonders und einzigartig ist. Hier haben zwei zusammengefunden.

Das Unternehmen Pirker hat sich schon länger mit einer Standorterweiterung beschäftigt. Wie schwer war es, einen geeigneten Standort in und um Mariazell zu finden?
Wir haben uns bereits im Vorfeld ganz klar für einen Standort im Mariazeller Land entschieden. Ein Produkt braucht seinen Ursprung. In Mariazell kam für uns nur ein einziges Grundstück in Frage und dann gab es ein Grundstück im niederösterreichischen Mitterbach. Und da sich das niederösterreichische Fördergesetz doch wesentlich vom steirischen unterscheidet, hätten in Niederösterreich doch Fördergelder im sechsstelligen Bereich gewunken. Für einen Kaufmann eine Größe, mit der zu kalkulieren ist, zumal Mitterbach ja auch zum Mariazeller Land gehört. Aber letztendlich hat sich die Variante mit dem Europeum ergeben. Die räumliche Nähe ist hier schon besonders ideal.

Lässt sich ein Kongresszentrum überhaupt zu einer Manufaktur umfunktionieren?
Unser Planer hat einen bemerkenswerten Satz gesagt: Repräsentation hui, Produktion pfui. Aber wir haben eine gute Lösung im Europeum gefunden. Mit dem jetzigen Tagungssaal, dem darüberliegenden Ausstellungsbereich plus einem Zubau haben wir die räumlichen Voraussetzungen, die wir brauchen.

Wann wird der erste Lebkuchen im Europeum produziert werden?
Veranstaltungen im Tagungsbereich wird es noch bis Ende Mai im Europeum geben. Ab Sommer beginnen wir mit dem Umbau. Im Sommer des nächsten Jahres sollte es soweit sein, dass wir den ersten Lebkuchen produzieren können.

Jetzt wird das Unternehmen baulich vergrößert, werden auch die Mitarbeiter mehr?
Insgesamt haben wir 124 Mitarbeiter, davon sind 50 bis 60 Mitarbeiter in der Lebkuchenbäckerei tätig. Mittelfristig wird es fünf bis acht zusätzliche Arbeitsplätze geben. Wobei wir schon vorausgeplant haben und im Vorjahr bereits fünf neue Mitarbeiter aufgenommen haben.

Geplant ist auch eine Schaubackstube. Wie kann man sich das vorstellen?
Wir haben jetzt schon einen kleinen Schaubereich, der irrsinnig gut ankommt. Die Schaubackstube im Europeum ist ein mehrstufiges Projekt. Zuerst wird es einen Schaubereich geben, wo die gesamte Produktion einsehbar ist. Und dieser Schaubereich soll in mehreren Ausbauschritten erweitert werden. Es soll auch einen Ausstellungsbereich geben, in dem die Zusammenhänge von Lebkuchen und Wallfahrten aufgezeigt werden.

Gibt es schon eine Lösung für den Scherfler-Saal und für den Wellnessbereich?
Der Scherfler-Saal wird als eigenständiger Veranstaltungsbereich ausgegliedert. Dazu holen wir uns einen Gastronomie- Partner mit ins Boot. Gespräche gab es beispielsweise schon mit Lieselotte Sailer, der Besitzerin des Hotels „Weißer Hirsch“. Den Wellnessbereich wird die Stadt Mariazell übernehmen. Hierfür sind noch Gespräche zwischen Land und Gemeinde im Gange. Es wird ein öffentlich zugänglicher Wellnessbereich mit einem seperaten Eingang sein.

Sie haben Mariazell vom Millionen- Grab Europeum befreit. Wie sehr ist Ihnen das Land beim Verkauf und jetzt bei zusätzlichen Investitionen entgegen gekommen?
Wir haben uns bei den Förderungen angenähert, sodass wir auf einen niederösterreichischen Standard kommen. Über die Verkaufssumme habe ich striktes Stillschweigen mit dem Land vereinbart.

Krankenhaus zu, Hallenbad bald zu, Kongress tot, Postverteilungszentrum weg, riesiges Einsatzzentrum vom Land abgewürgt. Was bewegt einen Unternehmer in diesen Zeiten, Millionen zu investieren?
Das Produkt muss ehrlich sein. Wenn es ein Mariazeller Lebkuchen sein soll, dann muss der auch in Mariazell produziert werden. Wir bleiben hier, weil wir an die Region glauben.


Der Lebkuchen und die Wallfahrt
Rund 30 Prozent der gesamten Lebkuchen-Produktion des Familienunternehmens Pirker wird direkt im Wallfahrtsort Mariazell verkauft. Lebkuchen und Wallfahrt gehören seit jeher zusammen, weil der Lebkuchen eines der wenigen Lebensmittel war, die lange haltbar blieben und den Pilgern auch genügend Kraft gaben.

Nix ist fix beim Wellnesbereich
Johann Zauner, Direktor der Stadtbetriebe Mariazell, kann sich mit einer Übernahme des Euopeum-Wellnessbereiches keinesfalls anfreunden. „Jetzt müssen wir das Hallenbad zusperren, weil wir die jährlichen Abgänge nicht bezahlen können und jetzt sollen wir uns wieder eine neue Finanz-Baustelle aufmachen?“

Bericht und Fotos:

www.woche.at

 

 

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