Weichselboden – Höll – Barbarakapelle

Der Weg zwischen Himmel und Hölle in Weichselboden ist ein bequemer, aber in den Himmel führt bekanntlich nur ein sehr schmaler Pfad. Dieser Wanderbericht zeigt, wie himmlisch es „in der Höll“ sein kann.

Die wenigsten Wiener wissen nicht, dass hier ein Teil der Wiener Hochquellenwasserleitung beginnt. Die Leitung wurde im Jahr 1910 fertiggestellt, die Markierung 0,0 Kilomer ist hier zu finden. Zur Fassung der Höllbachquelle, die in die 2. Wiener Hochquellleitung eingespeist wird, führt eine Forststraße von Weichselboden in die vordere Höll.

Weichselboden – Höll – Barbarakapelle, Foto: Franz Peter Stadler

Früher ging eine Poststraße von Wegscheid über den Kastenriegel durch die hintere und vordere Höll nach Weichselboden. Ein Erdrutsch zerstörte diese Straße und sie wurde nicht mehr saniert.

In Weichselboden steht ein Wasserbrunnen auf dem geschrieben steht: „Wasser bedeutet Leben“. Stellen wir uns einmal vor, was dies für uns bedeuten würde, einen ganzen Tag ohne Wasser zu verbringen. So kommt viel Segen und Leben aus der Höll für die Wasserversorgung von Wien.

Außer dem Recht auf Holztrift und der von Palfau flussabwärts ausgeübten Flößerei wurde das Wasser der Salza zwischen Gußwerk und der Mündung in die Enns – abgesehen von einigen bäuerlichen Mahl- und Sägemühlen – wirtschaftlich nicht genutzt.

Es wurden daher die Siebenseequellen, die Kläfferquelle, die Brunngrabenquelle, die Höllbachquellen, die Schreierklamm- und die Säusensteinquelle bezüglich ihrer Schüttung, aber auch auf die chemische Zusammensetzung damals eingehend untersucht.

Weichselboden – Höll – Barbarakapelle, Foto: Franz Peter Stadler

Bei einer zu erwartenden geringsten Ergiebigkeit von 177.500 m³ Trinkwasser täglich ergab eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, dass trotz des höheren Aufwands bei der Errichtung einer Wasserleitung aus dem Salzagebiet das von hier kommende Wasser pro Mengeneinheit günstiger käme als jenes aus der Traisenregion.

Der damalige Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger führte nach seinem Amtsantritt die bisher mehr theoretisch geführten Untersuchungen der praktischen Umsetzung zu. Am 28. Juni 1898 befasste sich der Stadtrat von Wien mit den erstellten Vorschlägen und war mit der Errichtung einer weiteren Hochquellenleitung aus dem Salzagebiet einverstanden.

Da der Stadtrat allerdings anstelle der bisherig geplanten 177.500 m³ Trinkwasser eine Mindestliefermenge von 200.000 m³ forderte, mussten zusätzliche Quellen gesucht werden. Als mächtigste zusätzliche Quelle wurde die Pfannbauerquelle aufgefunden, die aber letztlich mittels Stollen nach Osten an die Erste Wiener Hochquellenleitung angeschlossen wurde.

Baubeginn 7. Dezember 1901 – Eröffnung – 2. Dezember 1910
Der Baubeginn zweiten Wiener Hochquellenleitung erfolgte im Jahr 1901 und diese wurde am 2. Dezember 1910 eröffnet. Im Herbst des Jahres 1901 wurde begonnen, die bei der Landvermessung ermittelte Trasse abzustecken. Als erste Etappe gilt der Göstlinger Hauptstollen. Der Stollenvortrieb begann schon am 7. Dezember 1901. Über diese 180 km lange Leitung fließen täglich bis zu 217.000 m³ Trinkwasser. Bei der frühzeitigen Eröffnung der zweiten Wiener Hochquellenleitung wurden die Erwartungen an die Baugeschwindigkeit sogar übertroffen. Am 2. Dezember 1910 wurde nicht nur wie geplant das zur Eröffnung ausreichende Wasser der Kläfferquelle nach Wien geleitet, auch die Strecke zu den Siebenseequellen war fertiggestellt worden und eröffnungsbereit. Der Bau der Wasserbehälter und Leitungen in Wien selbst war dem Zeitplan ebenfalls weit voraus, 1910 erreichte das Verteilungsrohrnetz eine Länge von rund 1.000 Kilometern.

Weichselboden – Höll – Barbarakapelle, Foto: Franz Peter Stadler

Die Eröffnung fand am 2. Dezember 1910, dem 62. Jahrestag der Regierung Franz Josephs I., durch den Kaiser selbst statt. Gefeiert wurde mit über 1.200 Gästen im Rathaus, in dessen Park die Springbrunnen das neu erschlossene Wasser versprühten; indirekt wurde ganz Wien eingebunden, indem ausnahmsweise einen Tag lang die Stadt allein von Wasser aus dem Hochschwabgebiet versorgt wurde.

Die Geschichte der Wasserleitung kann bei der Wanderung in die Höll eindrucksvoll verfolgt werden.

Gesamtwegstrecke: ca. 5,5 km, Ausgangspunkt 665 m – Barbarakapelle ca. 700 m
Gehzeit: ca. 2 Stunden (hin und retour)

Alle Angaben ohne Gewähr!

Text und Fotos: Franz Peter Stadler